Historie der Yamaha Venture Royale XVZ12T und XVZ 13T


Ihren Ursprung hat die Venture Royale im Jahr 1983 in Form der XVZ 1200 ( in Europa mehrheitlich Typbezchng. 47 G ). Seinerzeit war seitens Yamaha nicht daran gedacht, diesen luxuriösen, kardangetriebenen Reisedampfer überhaupt für den europäischen Markt anzubieten. Konzipiert wurde er für die USA, und Europa „hing“ sich lediglich dran. Lt. Aussage von Yamaha, wurden insgesamt ca. 6.000, ohne die Zahl der Grauimporte,  1200/1300er innerhalb Europas verkauft. Von dieser Zahl entfällt ca. die Hälfte auf Frankreich. Eine große Verbreitung fand dieses Modell auch in der Schweiz und in Holland. Der Rest teilt sich u.a. auf Deutschland, Schweden, Norwegen auf. Gebaut wurden alle Venture Royale in Japan.

Zwischen ‘83 und ‘86 gab es keine nennenswerten Modellpflegemaßnahmen, außer diverser Farbgebungen. Schon mit dem 1200er Modell gab es zwischen Europa und den USA Ausstattungsdifferenzen. Eine US Vollausstattung umfaßte u.a.: Radio/Kassettendeck, Gegensprechanlage, CB-Funk, Topcase, Kompressorbetriebene Luftunterstützung der vorderen und hinteren Federungselemente. Außerhalb der USA verkaufte Yamaha ausstattungsbereinigte Modelle, wie z.B. in der Schweiz ohne CB-Funk und Tempomat, bis hin nach Deutschland - nur mit Kompressor .

     
Von 1986 an wurde die XVZ 1300 ( in Europa mehrheitlich Typbezeichng. 3 JS ) Venture Royale angeboten.  Das äußere Erscheinungsbild wandelte sich  im Heckbereich ziemlich. Konnte man noch bei der 1200er die Seitenkoffer vollständig abnehmen, was zweifelsohne auf Reisen eine nützliche Angelegenheit  ist, hatte die 1300er  festmontierte Seitenkoffer und ein in sich total geschlossenes Heck.     

Mit Einführung der 1300er gab es desgleichen innerhalb der Ausstattung einen Tempomat. Wer Reiseetappen von 600 km und mehr auf Autobahnen nur zu Tankstopps unterbricht, weiß den Vorzug eines Tempomaten zu schätzen. Das rechte Handgelenk dankt für ein paar ruhige, entspannende Minuten. Der einstellbare Geschwindigkeitsbereich befindet sich zwischen minimal ca. 50 km/h und maximal ca. 130 km/h.

 

Motorseitig beinhaltete die Modellpflege u.a. 100 Kubik mehr Hubraum,  eine geänderte Vergaseranlage, elektrisches Anti Dive System ( Bremsnickausgleich ) anstelle von mechanischem. Verstärkte Gangzahnräder im Getriebe wurden auch verwendet, da es bei der 1200er insbesondere zu Problemen mit dem 2. Gang ( herausspringen ) kam,  was schon ab Laufleistungen von ca. 60.000 km auftreten kann.  Bei solchen Getriebeschäden können die 1300er Gangzahnräder als Ersatz für defekte 1200er eingebaut werden und das Problem ist beseitigt. Des weiteren wurde der 1300er eine weitaus effizientere Bremsanlage spendiert. Hat man bei der 1200er noch das Gefühl einen Bremsanker werfen zu müssen,  steht die 1300er  weitaus schneller. Gute Erfahrungen haben wir bezüglich der Bremsbeläge für die 1200er mit Dunlopad und für die 1300er mit Lucas Gierling gemacht. Unserer Erfahrung nach kann es mit Originalbelägen bei den 1300er Modellen eher zu Bremscheibenunwuchten kommen. Die Verwendung von Stahlflexbremsleitungen ergibt bei beiden Modellen eine bessere Dosierbarkeit des Integralbremssystemes.

Fahrwerkseitig ( Stahlrohrrahmen ) reagiert die Venture Royale sehr stark auf nicht korrekt eingehaltene Einstellungen wie z.B.: falscher Luftdruck und zu stark abgelaufenes Profil der Reifen, nicht korrekt eingestelltes Steuerkopflager, nicht korrekt eingestellte Schwinge, falscher Druck in der Luftunterstützung der Federungselemente. Die Summierung der mangelhaften Einstellungen   ergeben  starke  Fahrwerksunruhen.  Insbesondere   im Geschwindigkeitsbereich von ca. 150/160 km/h, wenn das Motorrad nur mit dem Fahrer besetzt ist.
     
Der Venture Royale ein  total ruhiges Fahrwerk zu verschaffen ist wohl nicht möglich. Jedoch kann man  durch verschiedenste Umbaumaßnahmen „peu à peu“  eine zufriedenstellende Ruhe bekommen. Da wäre als Beispiel der Einbau progressiv gewickelter Gabelfedern mit speziellem Gabelöl, Präzisionssteuerkopfläger, Präzisionsläger für Schwinge und Umlenkhebel oder auch Umbereifung auf einen anderen Hersteller.      

Die Bereifung ( 120/90-18 vorne und 140/90-16 hinten ) ist eh eine Geschichte für sich. Grauimportierte Venture Royale haben in aller Regel drei bis vier verschiedene Reifenfreigaben bezüglich der Hersteller. Deutsche Modelle wurden nur mit eingetragenen Pirelli ausgeliefert. Nachdem Pirelli die Produktion der Venture Royale Bereifung einstellte, gab es von Yamaha Dtschlnd. lediglich eine Freigabe für Metzeler ( Marathon ML 2 ). Weder der originale Pirelli, noch der angebotene Metzeler sind unbedingt die erste Wahl für dieses Motorrad. Gute Erfahrungen haben wir z.B. mit Avon (HL 29/HL 30) gemacht, oder auch mit Bridgestone (L 303/G 508). Letztendlich ist die Bereifung eine Frage des jeweiligen Fahrers. Der eine mag eher die Kurvenwilligkeit von Bridgestone, der andere zieht die guten Allroundeigenschaften und die hohe Laufleistung eines Avon vor. Das Nässefahrverhalten der damaligen original Pirelli Bereifung spottet jedoch jeder Beschreibung, und stellt ein unseres Erachtens nach hohes Risiko dar. In den seltensten Fällen kam es zu Problemen bei TÜV, anhand vorliegender Herstellerbescheinigungen, andere Marken in den Originalgrößen eintragen zu lassen.
 
Motorseitig bereitet die Venture Royale keine größeren Probleme. Wer glaubt, 340 kg Leergewicht in den unteren Gängen zu sehr treiben zu müssen, hat logischerweise früher oder später Probleme mit dem Kardan. Ansonsten sind Laufleistungen von 120.000 bis 200.000 km keine Seltenheit. Per Prinzip ist die Maschine, flüssigkeitsgekühlter 4-Zylinder 4-Takt V-Motor, identisch mit den aktuellen Motoren der V-max sowie der neuen Royal Star von Yamaha. Das alte Sprichwort „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen“ findet auch hier seine Anwendung. Kraft aus dem Keller, gepaart mit gut im Futter stehenden 72 KW tragen dazu bei, gute Reisedurchschnitte zu erzielen. Durch den Einbau eines K&N Luftfilters spart man Folgekosten, und erzielt eine bessere „Beatmung“ mit runderem Motorlauf. Erwähnenswert ist noch folgender Umstand: Da die Kurbelgehäuseentlüftung in den Luftfilterkasten mündet, kommt es zu leichten Ölablagerungen im Bodenbereich des selbigen. Dieses Öl sollte  von Zeit zu Zeit mit einem Tuch aufgewischt werden, da es sich ansonsten  in Tropfenform am Rand der Ansaugtrichter zwischen Luftfilterkasten und Vergaser vorbeidrückt,  und  seinen Weg nach unten findet.

Der Verbrauch liegt bei ca. 7,5/8l bei kommoder Fahrweise, kann jedoch bei „forscher“ Gangart auch bei 10l liegen. Größtes Manko dieser Reisemaschine ist der mit 20l Inhalt viel zu klein geratene Tank. Trotz, oder vielleicht gerade wegen der seltenen Verbreitung dieses Motorrades, gibt es innerhalb Europas verschiedene Clubs, welche dem Hobby XVZ 1200 bzw. XVZ 1300 nachgehen und untereinander rege Verbindung halten.  Sei es der „Venture Royale Club Schweiz“,  der „Yamaha Venture Club Nederland“, der „Venture Club Norway“, der „Venture Club of Sweden“, der „Venture Club de France“ in den USA die „Venture Touring Society“ Las Vegas und nicht zuletzt unser „Venture Royale Club Deutschland“, um einige beim Namen zu nennen.
     
Außerhalb der jeweiligen clubinternen Treffen und Ausfahrten, finden  verschiedene internationale Treffen statt, auf welchen sich problemlos 180 bis 200 unserer „Dickschiffe“ zusammenfinden. Im Jahr 1997 veranstaltete z.B. der Venture Royale Club Schweiz sein Venture Meeting am 07. und 08. Juni in der Nähe von Montreux. Der Venture Club France ein Treffen am 12. bis 14. Juli ‘97 in der Auvergne, bei Clermont Ferrand. Generell  ist zu  sagen, daß  die Verständigung unter den verschiedenen   Venture Clubs innerhalb Europas sehr gut ist. Man profitiert untereinander von den verschiedensten Erfahrungen. Sei es im Beschaffen von Ersatz- oder Zubehörteilen, technischen Umbaumaßnahmen etc..
    
Zu den Zubehörteilen ist zu sagen, daß hier in Deutschland so gut wie keine Teile angeboten werden. In den USA wurde spezielles Zubehör für die Venture Royale ( Venture Line ) hergestellt. Einem „Aufmotzen“ je nach Geschmack mit diversen Chromteilen steht nichts im Wege. Trotz mittlerweile eingestellter Fertigung dieser Teile, ist ein großer Teil bei speziellen Händlern immer noch vorrätig.
    

Im Jahr 1991 wurde die Produktion der Venture Royale eingestellt. Letzte grauimportierte 1300er Neumaschinen in US Vollausstattung wurden 1994 in Deutschland zum Preis von ca. 24.000,- DM verkauft. Trotz mit Abstand allergrößter Lobby durch die „Venture Touring Society“ in den USA, denkt Yamaha zum momentanen Zeitpunkt nicht daran, Ersatz zu schaffen. Man folgt lieber dem momentanen Trend zu großen, hubraumstarken Straßenchoppern á la Royal Star und sieht keinen Markt für ein „Dickschiff“ wie die Venture Royale. Für die eingeschworene Fangemeinde bliebe als Alternative lediglich die „Gold Wing“ von Honda, oder die noch vorhandenen Verkaufsposten von Kawasakis „Voyager“. So oder so, kein ebenbürtiger Ersatz für die Mehrheit der eingefleischten  XVZ Fahrer. Guten Pflege- und Technikzustand vorausgesetzt, finden ältere 1200er Modelle immer noch Käufer zu Preisen oberhalb der 10.000,- Mark. Für 1300er in Vollausstattung geht’s wohl schwerlich unter 13.000,- DM. Nach oben kann man keine Grenze taxieren, da es je nach Zubehör ( ähnlich Gold Wing ) eh ein Liebhaberpreis ist.
    
Trotz Macken im Fahrwerk, ist und bleibt die Venture Royale für ihre Eigner ein liebgewonnenes Relikt aus vergangenen Zeiten, welches gehegt und gepflegt wird.